Der Bundesgerichtshof hat am 26.06.2023 die Urteile im Dieselskandal verkündet. Autokäufer können nunmehr auch Schadensersatz fordern, wenn die Hersteller Pflichten bloß fahrlässig verletzt haben. Eine Schädigungsabsicht ist nicht mehr erforderlich! Der Bundesgerichtshof folgt damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Autobesitzer können Schadensersatz in Höhe von 5 bis 15 % des Kaufpreises geltend machen. Besonderes Augenmerk richteten Verbraucherschützer auf das Verfahren VIa ZR 335/21: Dort ging es um einen von der Volkswagen Bank finanzierten Kauf eines VW Passat Alltrack 2.0 l TDI, der mit einem Motor des Typs EA 288 ausgerüstet ist. I
> EA 189
Nach unserer derzeitigen Einschätzung sind Ansprüche von Besitzern des "Skandalmotors" EA 189 mittlerweile verjährt, soweit sie sich nicht an Musterklagen beteiligt haben oder sonstige verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen haben. Aber auch wenn die Verjährung mittlerweile eingetreten sein sollte, stehen Ihnen womöglich noch sog. Restschadensersatzansprüche zu, soweit Sie das Fahrzeug seinerzeit als Neuwagen gekauft hatten.
> EA 288
Bezüglich des Motor-Nachfolgemodells EA 288 (Euro 6) sieht die Rechtslage nach dem neuen EuGH-Urteil sehr viel günstiger aus.
In seinem Hinweisbeschluss vom 21.03.2022 (Az.: VIa ZR 334/21) hatte der BGH noch ausgeführt:
Ein objektiv sittenwidriges Handeln der Beklagten kann nicht allein daraus abgeleitet werden, dass im Fahrzeug des Klägers Einrichtungen vorhanden sind, die die Abgasemissionen beeinflussen und möglicherweise - was revisionsrechtlich unterstellt werden kann - als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs.2 VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren sind [...] Der darin liegende Gesetzesverstoß wäre für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz emissionsbeeinflussender Einrichtungen im Verhältnis zum Kläger als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die verantwortlich handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der emissionsbeeinflussenden Einrichtungen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt.
In Reaktion auf das Urteil des EuGH vom 21.03.2023 hat der BGH seine Auffassung mit Urteil vom 26.06.2023 aufgegeben. Die Richter in Luxemburg haben klargestellt, dass ein Autobauer einem Kunden grundsätzlich Schadensersatz zahlen hat, wenn in dessen Diesel-Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung (sog. "Thermofenster") verbaut worden war. Der EuGH hat letztlich entschieden, dass der Käufer bereits im Falle einer einfachen Fahrlässigkeit des Herstellers Anspruch auf Schadensersatz hat (und nicht erst bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung), wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Nachteil entstanden ist. Dem hat sich der Bundesgerichtshof nun angeschlossen.
> Andere Motortypen
Alle Diesel-Fahrzeuge, die über eine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verfügen haben theoretisch Anspruch auf Schadensersatz, es sei denn VW gelingt es, Zulässigkeit einer festgestellten Abschalteinrichtung aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 der Fahrzeughersteller darzulegen und zu beweisen.
Einem Autokäufer steht nunmehr ein pauschaler Schadensersatzanspruch zu, der vom Gericht geschätzt wird. Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass dieser zwischen 5 % und 15 % des Kaufpreises betragen muss. Den Schadenersatz erhalten Sie grundsätzlich unabhängig vom Kilometerstand des Wagens in voller Höhe.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 21.03.2023 (Aktenzeichen: C-100/21) ein neues Kapitel im Abgasskandal-Komplex geschrieben und einem Verbraucher im Streit mit Mercedes-Benz Recht gegeben . Danach muss der Autobauer einem Kunden grundsätzlich Schadensersatz zahlen, weil in dessen Diesel-Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung verbaut worden war. Der EuGH hat letztlich entschieden, dass der Käufer bereits im Falle einer einfachen Fahrlässigkeit des Herstellers Anspruch auf Schadensersatz hat (und nicht erst bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung), wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Nachteil entstanden ist. Das Landgericht Ravensburg, an das der Rechtsstreit nun zurückverwiesen wurde, muss nun den Schaden für den Kunden zu beziffern.
> Welche Hersteller und welche Autos sind betroffen?
Dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte von der Auto K. GmbH in W. am 20.03.2014 einen gebrauchten Mercedes Benz Typ C 220 CDI zum Preis von 29.999,- € bei einem Kilometerstand 28.591 km gekauft. Das von der Beklagten in Verkehr gebrachte am 15.03.2013 erstmals zugelassene Fahrzeug hat einen Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 5 mit der Motorbezeichnung OM 651.
Profitieren von dem Urteil können jedoch potentiell alle Besitzer von Autos mit Dieselmotoren bis einschließlich Euro 6c Schadenersatz zustehen, soweit die Ansprüche nicht inzwischen verjährt (siehe hierzu sogleich) oder eine Klage rechtskräftig abgewiesen wurde. Erst nach Euro 6d zugelassene Dieselmotoren sind Messungen der Deutschen Umwelthilfe zu Folge so sauber, wie es die EU-Regeln vorschreiben. Die zuvor zugelassenen Autos stießen bei Fahrten im Straßenverkehr aber viel mehr Stickoxid aus als im Prüfstand und als es nach den EU-Regeln zulässig war.
> Wie lang können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen?
Zu beachten ist, dass die Rechte der Autokäufer Verjährungsfristen unterliegen.
> Wie hoch ist der mögliche Schadensersatzanspruch?
Einem Autokäufer steht grundsätzlich die Wahl frei, den sog. "kleinen" oder den "großen Schadenersatzanspruch" geltend zu machen:
Der kleine Schadenersatz beläuft sich lediglich auf den Minderwert des gelieferten Autos im Vergleich zu einem Wagen, wie er hätte sein sollen. Dies bedeutet, dass Sie das Fahrzeug nicht zurückgeben müssen, sondern behalten können. In Übereinstimmung mit zahlreichen Urteil gehen wir davon aus, dass Sie als Mindest-Schadensersatz 15 % des Kaufpreises sowie 15 % der Finanzierungskosten geltend machen können (etwa Urteil des OLG Düsseldorf vom 12.12.2019, Aktenzeichen: I-13 U 84/19). Eine einheitliche Rechtsprechung hierzu gibt es jedoch noch nicht. Wir erwarten, dass der Bundesgerichtshof die Frage in den nächsten Monaten endgültig klären wird.
Der große Schadenersatz bedeutet faktisch eine Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das heißt, der Kunde erhält den Kaufpreis zurück, muss dafür das Auto zurückgeben und eine "Entschädigung" für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer zahlen. Hinzu kommen mögliche Zinsansprüche.
Die Kanzlei Stenz & Rogoz gibt Ihnen innerhalb von nur 48 Stunden eine kostenfreie Einschätzung, ob Sie Schadensersatzansprüche geltend machen können. Wir informieren Sie transparent über den Gang des Verfahrens, die damit verbundenen Kosten sowie mögliche Risiken. Am einfachsten ist es, wenn Sie den nachstehenden Fragebogen ausfüllen: